Verkaufsoffene Sonntage sollten Ausnahme bleiben

Ein Plädoyer – von Fabian Köster-Schmücker, stellv. Vorsitzender SPD Euskirchen

Wirtschaftliche Interessen, ökonomische Sichtweisen sowie eine „Ich-will-shoppen-wann-ich-will“-Mentalität führen zu einer inflationären Zunahme von verkaufsoffenen Sonntagen in Deutschland. Die Feiertagsruhe wird stetig ausgehöhlt. Die Ausnahme wird zunehmend zur Regel.

Da ist es nicht leicht „Nein“ zu sagen. Das erfordert Mut. Man wird schnell dahingestellt, als fördere man damit den Untergang der heimischen Innenstädte und schränke individuelle Bedürfnisse der Bürger ein.

Wie bei fast allem gibt es Pro und Kontra. Doch die (Schein-)Argumente für mehr verkaufsoffene Sonntage lassen sich schnell ausräumen: Ja, in einigen Bereichen muss sonntags gearbeitet werden – doch das ist kein Argument, sondern ein logischer Fehlschluss. Nein, die Niederlande sind kein Maßstab. Nein, mit ein paar zusätzlichen Verkaufstagen wird man dem Megatrend Digitalisierung nicht stoppen können. Nein, sonntags liefert auch Amazon nicht aus. Und ja, der Online-Handel wird weiter zunehmen. Nein, die Leute kaufen nicht noch mehr ein – der Umsatz wird räumlich und zeitlich verlagert, kleinere Städte und Ortschaften leiden. Nein, Anlässe können nicht beliebig geschaffen werden. „Back to school“ (eine Woche nach Schulbeginn) war ein vorgeschobener Anlass dessen Nichtdurchsetzbarkeit abzusehen war.

Die zentrale Frage, der wir uns als Gesellschaft grundsätzlich stellen müssen, ist: Wollen wir eine zunehmende 24/7-Gesellschaft? Ich denke nicht. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass verkaufsoffene Sonntage komplett gestrichen werden sollten. Es braucht politischen Pragmatismus in moralischer Absicht. Ein ideologisches Streben, zur einen wie zur anderen Seite, hilft uns nicht weiter. Wir müssen daher realistisch bleiben und praktisch denken: Der verkaufsoffene Sonntag zu wichtigen Anlässen ist eine Bereicherung für unsere Stadt und längst Tradition. Doch es muss bei diesen Ausnahmen bleiben! Fünf verkaufsoffene Sonntage pro Jahr müssen ausreichen.

Der Sonntag als Ruhetag ist uns wichtig. Der normale Wochen-Rhythmus vermittelt den Menschen und der Gemeinschaft Beständigkeit. Er ist wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Der Sonntag dient der Ruhe, der Gemeinschaft, der Befreiung von Fremdbestimmung und Zeitdruck. Er schafft die notwendige Erholung, sichert gemeinsame freie Zeit für Familie, Freunde und schafft Zeit für das ehrenamtliche Engagement. Der Sonntag dient der Arbeitsruhe und der „seelischen Erhebung“. Das mag altertümlich klingen, ist aber aktueller denn je. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Ruhe und Selbstbestimmung nimmt stetig zu. Arbeitszeiten ohne ständige Erreichbarkeit, nach Feierabend abschalten können, den Sonntag frei zu haben – all diese Dinge erfahren eine Renaissance. In Zeiten, in denen die Fliehkräfte der Digitalisierung und des Kapitalismus unsere Gesellschaft vermehrt unter Druck setzen, ist der freie Sonntag deshalb nötiger denn je. Dafür muss man einstehen und den Gegenwind wirtschaftlicher und politischer Interessen aushalten. Das erfordert Mut. Doch das sollte es uns wert sein.